Die Geschichte des Franziskanerklosters Freiburg ist eng mit der Entwicklung des Ordens der Franziskaner-Konventualen in der Schweiz verflochten. Der folgende Überblick soll die grossen Linien der Ordensgeschichte nachzeichnen.
Franz von Assisi (1181/1182–1226) gründete 1209 eine Gemeinschaft von Wanderpredigern, die gemäss seiner Lebensregel in freiwilliger Armut zu Busse und Umkehr aufriefen. Diese franziskanische Bewegung wurde im 13. Jahrhundert zu einem hierarchisch gegliederten Orden, der in den aufblühenden Städten und Universitäten stark vertreten war. Nach Auseinandersetzungen über die authentische Auslegung der Ordensregel teilte sich der Orden der Minderbrüder 1517 in einen konventualen und einen observanten Zweig. Letzterer strebte eine strenge Beobachtung (observantia) der ursprünglichen Regel und des Armutsgebots an. 1525 wurde als dritter Zweig der franziskanischen Ordensfamilie der Kapuzinerorden gegründet. Die Kapuziner widmeten sich der Seelsorge in Stadt und Land zur Ausbreitung der katholischen Reform. Sie sind heute der grösste franziskanische Männerorden in der Schweiz.
Ausbreitung des Franziskanerordens von 1230 bis zum 15. Jahrhundert
Die 19 Konvente des Franziskanerordens auf dem Gebiet der heutigen Schweiz waren gemäss ihrer kulturellen und sprachlichen Zugehörigkeit drei verschiedenen Provinzen zugeteilt. In der folgenden Übersicht werden nur die Männerkonvente berücksichtigt.
Konvente der Oberdeutschen oder Strassburger Provinz
Seit ihrer Gründung gehörten die Franziskaner von Freiburg der Oberdeutschen oder Strassburger Provinz an. Guardiane und Lektoren wurden von der Ordensleitung in andere Klöster der Provinz versetzt. Diese Praxis sorgte während des ganzen Mittelalters für einen regen Austausch. Studienorte waren Paris, Avignon, Strassburg, später auch Wien, Heidelberg und Marburg.
Die Daten zur Gründung und Aufhebung der Konvente stehen in Klammern.
- Basel BS (um 1231–1529), seit 1447 observante Franziskaner
- Bern BE (1251/1255–1528)
- Burgdorf BE (1280–1528)
- Freiburg i. Ü. FR (1256–heute)
- Königsfelden AG (1309–1528)
- Luzern LU (1240/1260–1838)
- Schaffhausen SH (nach 1250–1529)
- Solothurn SO (um 1280–1857)
- Zürich ZH (um 1240–1524)
Provinz Burgund
- Genf GE (um 1266–1534/1536)
- Grandson VD (1289/1298–1554/1555)
- Lausanne VD (um 1258–1536)
- Morges VD (1497/1500–1536) – Observante Franziskaner
- Nyon VD (1295/1296–1536)
- Bellinzona, S. Maria delle Grazie (1481/1483–1848) – Observante Franziskaner
- Locarno, S. Francesco (ca. 1230–1848)
- Locarno, Madonna del Sasso (ca. 1480–1848)
- Lugano, S. Francesco (ca. 1230–1811)
- Lugano, S. Maria degli Angeli (1472/1490–1848) – Observante Franziskaner
- Freiburg i. Ü.
- Luzern LU (bis 1838)
- Solothurn SO (bis 1857)
- Werthenstein LU (Neugründung, 1630–1838)
- Locarno, S. Francesco (bis 1848)
- Locarno, Madonna del Sasso in (bis 1848)
- Lugano, S. Francesco (bis 1811)
- Choulex GE (Unité pastorale Arve-Lac), seit 1987
- Flüeli-Ranft OW, Sekundarschule (1970–1998), Systemisches Schul- und Therapieheim (seit 1999)
- Freiburg i. Ü., seit 1256
- Grand-Lancy GE, Pfarrei La Sainte-Famille (1968–1987)
- Pensier FR, Antoniuskonvikt (1951–1986)
- Therwil BL, Hilfspriesterheim (1947–1979)
- Choulex (Unité pastorale Arve-Lac), seit 1987
- Flüeli-Ranft, Systemisches Schul- und Therapieheim (Stiftung Juvenat der Franziskaner), seit 1999
- Freiburg i. Ü., seit 1256
Klöster im Tessin: Verschiedene Provinzen (Milano, Turin, …)
Konvente der Franziskaner-Konventualen nach 1560
Der Übergang der prosperierenden städtischen Regionen zur Reformation traf den Franziskanerorden besonders schwer. In der Schweiz verlor der Orden insgesamt 11 Konvente. Die vier (deutsch-)schweizerischen Konvente mussten sich neu ausrichten. Ausbildungs- und Studienorte für den Ordensnachwuchs wurden die Kollegien des Jesuitenordens und die Konvente in Luzern und Würzburg (Deutschland). Ein Austausch der Ordensleute fand unter den vier schweizerischen Niederlassungen, sowie den oberdeutschen und elsässischen Konventen statt.
Nach den Klosteraufhebungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts existierte bis Mitte des 20. Jahrhunderts nur noch ein Kloster der Franziskaner-Konventualen in der Schweiz, die Niederlassung in Freiburg.
Die Niederlassungen im Tessin
Die Niederlassungen der Franziskaner-Konventualen nach 1939
Aufgrund der politischen Entwicklung in Deutschland trennte sich das Kloster in Freiburg 1939 von der Oberdeutschen Provinz, der es seit seiner Gründung angehört hatte. Das Kloster in Freiburg und weitere Häuser wurden als Generalkommissariat (1939–1969) und später als Generalkustodie (1969–1972) dem Generalminister der Franziskaner-Konventualen unterstellt.
Nach jahrhundertelangem Stillstand in der Ausbreitung des Ordens in der Schweiz konnte das Kloster Freiburg in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts neue Niederlassungen in Therwil (1947), Pensier (1951) und Bordeaux F (1951) gründen. Der Konvent in Bordeaux (Pfarrei Notre-Dame de Lourdes du Cypressat) wurde 1968 zugunsten der Pfarrei in Gand-Lancy im Kanton Genf aufgegeben. 1970 wurde in Flüeli-Ranft eine Niederlassung mit Sekundarschule eröffnet, 1987 anstelle der Pfarrei in Grand-Lancy die Pfarrei in Choulex übernommen.
1972 wurde das Generalkommissariat, welches damals fünf Niederlassungen der Franziskaner-Konventualen umfasste, zur Schweizer Provinz «St. Nikolaus von Flüe» erhoben. Der Rückgang der Berufungen führte Ende der 80er Jahre zur Schliessung von zwei Niederlassungen (Therwil und Pensier) und zu einer Neuverteilung der Aufgaben. 2002 wurden die drei Schweizer Niederlassungen in einer Generaldelegation organisiert, die direkt dem Generalminister des Ordens unterstand. Die Konvente der beiden Delegationen Schweiz und Österreich bilden seit Juni 2012 die Kustodie Österreich-Schweiz der deutschen Ordensprovinz.
Schweizer Provinz der Franziskaner-Konventualen (1972–2002)
Niederlassungen mit Konvent im Jahr 2014
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